Fruitpicking (reloaded), Sonntag 20. März 2011
Morgen Freunde, da wären wir also. Dariush und ich sind also von Perth aus hierher nach Dwellingup, Kreis Bunbury (glaub ich) gekommen, um auf dem Fruitpickerwege ans große Geld zu kommen. Der Plan ist gut, hat aber Lücken. Gut in dem Sinne, dass wir täglich 120 Dollar pro Nase verdienen und 5-6 Tage die Woche arbeiten. Gut auch in dem Sinne, dass wir hier im Keller eines Hauses inmitten eines Birnenbaumfeldes wohnen, und es weit und breit keine Möglichkeit gibt, sein Geld sofort wieder zu verprassen.
Eine der Lücken wiederum ist, dass wir daher auch eine Stunde zum Supermarkt laufen müssen, was jetzt vielleicht nicht soo schlimm klingt, sich aber doch als penibel erweist, wenn man auf dem Rückweg erstmal rund 15 Kilo Marschgepäck auf dem Rücken trägt, darunter Milch, Eier Sahne, Käse und andere Dinge, deren Preferenzen doch eher Temperaturen um die 5 Grad sind, und weniger solche wie 35, die beim Heimweg um 14h auf uns herniederdrücken.Die Lösung des Problems liegt ganz klar auf der Hand: Ein Auto muss her.
Hier kommt aber auch schon die zweite Lücke an den Tag: Empfang! Ich bin ja Handytechnisch bei Lebara Mobile angemeldet, womit ich hier überhaupt keinen Empfang habe, während mein Internet-Stick von Virgin-Mobile unterstützt wird, das man hier ebenfalls überhaupt nicht bekommt. Folglich müssen wir uns an Dariushs Telstra-Telefonanbieter halten, der immerhin 3 Striche anzeigt, wenn wir aus dem Keller raus und ein Bisschen den Hang hochlaufen (ist natürlich optimal, wenn du dann abends noch mal was schreiben willst und dich draußen auf die Wiese setzt, und ein Schwarm von gefühlten 13.000 Mücken über dich herfällt). Wie auch immer, wir haben dadurch nur eine sehr begrenzte Internet-Zeit und deswegen Schwierigkeiten, uns im Internet nach einem Auto umzusehen, uns mit den Besitzern in Verbindung zu setzen, einen Termin auszumachen und zu dem Termin (bzw. Ort) zu erscheinen (ohne Auto, blääh)
Eine weitere Lücke in dem Netz, das unser Plan des großen Geldsparens verkörpert, ist der Supermarkt an sich: Der Inhaber des Ladens scheint sich bei einer Reise in unser gutes Berlin die Preise vom guten alten KaDeWe abgeguckt zu haben, hier ein Beispiel, 420 Gramm Thunfisch 6,55 AU$!!! Wer soll das denn bezahlen?? Wir waren gestern einkaufen, und haben einfach mal 140 Dollar ausgegeben! Und wir haben fast nur das nötigste gekauft, nämlich Nudeln, Reis, Käse, Sahne, Milch, Eier, Saucen, Erdnussbutter, Toast, Aufstrich, Margarine, Thunfisch, Bohnen, Mais. Und ein Eis. Aber mal ehrlich, dafür 140Dollar hinblättern? Seh ich aus wie Scheich Ali ben Hamdulei al Goldmienenbsitzer??
Wir haben also mittlerweile dreimal eingekauft und insgesamt 380 Dollar ausgegeben! In 10 Tagen! Auch wenn der Einkauf von gestern hoffentlich für die nächste Woche reichen wird.
Auch hier hieße die Lösung wieder: Auto kaufen, um in den nächstgrößeren Ort zu fahren, der sich Meldurah nennt und einen Coles im Petto hat, bei dem die Lebensmittelkosten wenigstens dem australischen Standart entsprechen.
Zu unserem neuen Job: Also zunächst mal darf ich freudig bekannt geben: Äpfel und Birnen zu pflücken ist bei weitem nicht so penibel wie Tomaten! Das mag daran liegen, dass man nicht den ganzen Tag gebeugt oder auf Knien herumrutschen muss, sondern aufrecht stehen kann, oder daran, dass man nicht permanent in der Sonne steht, sondern hin uns wieder Zuflucht im Schatten des zu pflückenden Baumes findet, oder daran dass man seine Bezahlung etwas humaner weiß.
Vielleicht ist es aber auch der Umstand, dass man sich mit einer Pflückmaschine einfach ein Bisschen wichtiger vorkommt als mit einem simplen Sack um den Hals. Jah, wir durften nämlich vom ersten Tag an solche kleinen Minikräne fahren, die du mit dem Fuß bedienst und die dich noch vorne, hinten, links, rechts, oben und unten fahren, wieimmer du es ihnen befiehlst. Ist ganz geil, auch wenn wir uns am ersten Tag natürlich noch ein Bisschen schwer taten, und mehr Bäume anstießen mit dem unglaublich weit ausschwingenden, dreirädigen Gerät. Der Bauer ist auch ein ganz schöner Zyniker und so haben wir am ersten Tag wohl mehr Meckerei zu hören bekommen, als in meiner gesamten Kindheit mit all den Flausen, die ich so im Kopf gehabt hatte.
So jedenfalls hat der Huän dann ne ganz schön miese Nummer abgezogen und uns am Ende des Tages gesagt, er würde uns von jetzt an per Bin bezahlen und nicht mehr pro Stunde, weil wir so langsam seien. ‚Scholdigong dass wir am ersten Tag noch kein perfektes Handling der neuen Maschinen und auch nicht deine jahrzehntelang antrainierte Geschwindigkeit an den Tag legen, du fetter Gesichtselfmeter’ , lag mir auf der Zunge, aber ich habs dann doch etwas anders formuliert aus jobbehalttechnischen Gründen.
Vom zweiten Tag an wurden wir demnach 36 Dollar pro Bin bezahlt, anstatt 18 pro Stunde. Das nahm sich im Endeffekt aber nichts, weil sich schon am zweiten Tag zeigte, was für Fruitpickmeister wir doch eigentlich waren. 8 Bins in 7,5 Stunden, also konnten wir früher Feierabend machen. Und da wir von da an ohnehin immer alleine arbeiteten, konnten wir auch mal ne Viertelstunde später anfangen oder ne halbe Stunde früher schlussmachen, solange wir eben unsere 8 Bins pro Tag füllten.
Joa so sieht dann also unser Tagesablauf hier aus: Morgens um 6 aufstehen, um 7 mit der Arbeit anfangen, um 11 ne Stunde Pause für Mittagessen und ne Folge ow I met your mother oder Stromberg, danach weitere 4 Stunden Arbeit, anschließend aus den verschwitzten Klamotten raus und rein in den kleinen See, der da direkt neben den Feldern rumsteht, sogar mit Steg zum reinspringen (awesome!), dann wieder Essen machen und den Rest des Tages die vielen Film- und Seriendateien von meiner externen Festplatte auf meine Kopfinterne festplatte kopieren ;D Hab ich schon erwähnt, wie glücklich ich über den Kauf eines Laptops bin? Ohne scheiß, mir wär hier teilweise sooo langweilig, wenn ich den nicht hätte. Hier gibt’s halt nix! Okay, manchmal gehen wir in die Pflaumenfelder und suchen uns die besten raus, und manchmal gehen wir auch auf die Weide und ärgern den Bullen, und manchmal beobachten wir auch einfach den aufgebrachten Obersturmtruppenbauern, wie er versucht, mit seinem Schreckschussgewehr Kangaroos und diverse Vogelarten von seinen Früchten fernzuhalten.
Apropos, am Freitagabend sollte in dem Haus, dessen Keller wir bewohnen, eine kleine Party stattfinden. Vorher waren die Leute alle im Ort gewesen, um dem Konzert von Freunden beizuwohnen, welches jedoch 20 Dollar Eintritt verlangte, was Dariush und mich dazu brachte, hier zu bleiben, mit dem Plan, später bei der Party mitzuwirken. Aber wie das so ist mit Plänen, ging er natürlich nicht auf. Ich war so müde, dass ich mich ne Runde hinlegen wollte, bis die Meute wiederkäme und die Party beginnen würde, und wurde dann pünktlich um 8 am des nächsten morgens wach. Überraschenderweise hörte ich Musik und Stimmen von oben, und als ich hinging sah ich, dass noch um die 10 Leute da waren (zur Erklärung, der Typ der das Haus über uns bewohnt heißt Greg und ist um di 50 Jahre alt, wohnt allein, hat eine Exfrau und eine etwa 8-jährige Tochter, und hatt uns neulich schon zu seiner Geburtstagsfeier eingeladen, bei der wir die meisten seiner oft ebenso alten, manchmal etwas jüngeren Freunde kennengelernt hatten. Einig davon waren nun auch wieder da), die die Party am laufen hielten.
Und was taten sie? Si schossen mit inem Jagdgewehr auf Früchte und auf der Wiese aufgestellte Metallziele. Kurz nach dieser Entdeckung hatte ich zum ersten Mal ein Gewehr in der Hand, habe zum ersten Mal ein Gewehr abgeschossen, und habe auch zum ersten mal ein Ziel getroffen :D natürlich nichts Lebendes, außer man zählt vom Baum gefallene Früchte zu ‚lebend’.
Was für ein Erlebnis! Mag euch jetzt vielleicht nicht so spannend vorkommen, aber ihr habt wahrscheinlich auch nicht seit eurem 14. Lebensjahr Counter Strike gespielt :P
Darüberhinaus lag da noch so ein Mörser herum, der aus einem Abflussrohr gefertigt war, und mittels Deo und einer Zündkerze Zitronen bis zu 100 Meter weit schoss. Auch sehr amüsant. Schon verrückt, womit sich die Australier so ihre Zeit vertreiben.
So ich denke, jetzt habe ich alles berichtet, was es zu berchten Wert wäre.
Ich hkönnte höchstens noch kurz eine Schadensliste aufstellen, für die ich Martin und David, die beiden Autoschmarotzer, gerne aufkommen alssen würde:
Fehlendes Nummerschild neues Nummernschild 30 Dollar, dafür muss es neu registriert werden, 300 Dollar (für halbes Jahr, minimum), dafür muss es repariert werden: Rostschaden:700 Dollar (mind., wahrscheinlich mehr), neue Bremsen, neue Bremsscheiben, neue Hinterradachse (oder so ähnlich) 700 Dollar,
Auto ist am Straßenrand einfach stehengelassen, deshalb natürlich abgeschleppt worden freikaufen 170 Dollar.
2-Tage-Genehmigung, Auto ohne Nummernschild von a nach b zu fahren 30 Dollar
Martin konnte mir nur etwa ein Drittel des Schlüssels zurückgeben, womit ich das Auto auf- und zuschließen, jedoch nicht starten kann. Neuer Schlüssel + Elektronische Fahrsperre ausbauen 170 Dollar, Auto vom Abschleppdienst zu Mikes Haus bringen lassen 100 Dollar,
feststellen, dass persönliches Eigentum, weswegen ich das Auto überhaupt erst freigekauft habe, von Martin mitgenommen worden ist
Zelt 50 Dollar, Kühltruhe 45 Dollar, einige weitere Dinge ~ 40 Dollar
Wenn ich das alles mal so übern Daumen gepeilt zusammenrechen, und vielleicht die Reparaturen der Bremsen, des Rostschadens und der Hinterachse, da zumindest einiges davon sicher schon vorher der Fall war, und großzügigerweise ohne die neue Registration, dafür aber um die 100 Dollar Benzinkosten aufrechne, die von dem ganzen rumgefahre in Mikes Auto aufkamen, um zum Abschleppdienst zu fahren, die Genehmigung zu bekommen etc.,
dann komm ich unterm Strich auf satte
735 Dollar
Joa; der Hund meldet sich aber natürlich nicht mehr bei mir, nachdem ich ihn mal darauf angeschrieben habe.
Ich bin am überlegen, ihn anzuzeigen, aber ich würd vorher ganz gern noch mal mit ihm reden, um das vielleicht auch so klären zu können. Leider ist er fruitpicken in Schießmichtot, aber vielleicht wird er ja irgendwann antworten. Mal sehen.
So, genug jetzt, ich meld mich, wenn sich wieder was tut.
Bis dann.
fette wurst am 21. März 11
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